Rufnamen-Problematik

Herr Prof. Dr. Jens Wuttke ist berufener Professor und unterrichtet Wirtschafts- und Verwaltungsrecht an der FOM Hochschule in Leipzig und Berlin.

 

Seit der 2010 begonnenen Abschaffung der rechtlichen Bedeutung des Rufnamens beschäftigt sich Herr Prof. Wuttke mit den damit verbundenen Problemen von Bürgern, die mehrere Vornamen tragen und deren (meist bereits geburtsurkundlich bestimmter) Rufname nicht der erste ist und sich neuerdings gezwungen sehen, den ersten ihrer Vornamen vermehrt zu gebrauchen zu müssen, obwohl die sich mit diesem weder identifizieren noch von ihrem Umfeld bislang identifiziert worden sind. Herr Prof. Wuttke forscht über die rechtlichen Seiten dieser Problematik und plädiert nicht nur für eine Rückkehr der bis 2010 üblichen Verwaltungspraxis, die in amtlichen Passdokumenten den Rufnamen eindeutig erkennen lies, sondern hält dies sogar für verfassungsrechtlich geboten.

 

Mit dem Inkrafttreten des neuen Bundesmeldegesetzes am 01.11.2015 wurde die rechtliche Bedeutung des Rufnamens entgültig abgeschafft (bis dahin fand sich sogar eine Legaldefinition in den jeweiligen Meldegesetzen der Länder), was die Probleme für Betroffene weiter verschäft und den derzeitigen staatlichen Umgang mit Rufnamen nochmals verstärkt und einmal mehr zu einer Verletzung verschiedener Grundrechte, insbesondere des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führt.

 

Zur Problematik hat Herr Prof. Wuttke bereits mehrere Aufsätze (Klick hier) veröffentlicht.

 

Im Dezember 2015 wurde das Thema mit Herrn Prof. Wuttke u.a. auch im Radio thematisiert (MDR INFO Radio: Zum Radio-Beitrag mit Prof. Dr. Jens Wuttke zur Problematik des behördlicher Umgang mit Rufnamen ("Wenn die Behörden den Namen wegnehmen".

 

Ganz aktuell: Im Sommer 2017 wurde im Bundestag/Bundesrat das 2. Personenstandsrechts-Änderungsgesetz - 2. PStRÄndG beschlossen. http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/795/79550.html

 

In den Gesetzeserläuterungen heißt es wörtlich:

 

"Das Gesetz eröffnet zudem erstmals die Möglichkeit, dass Personen die Reihenfolge ihrer Vornamen  durch  Erklärung  vor  dem  Standesamt  neu  bestimmen  können.  Damit  wird verhindert,  dass  Dritte  (z.B.  Banken,  Versicherungen,  Fluggesellschaften)  anstelle  des gebräuchlichen  Namens  den  in  der  Vornamensreihenfolge  des  Ausweisdokumentes stehenden ersten, allerdings im täglichen Leben ungebräuchlichen Vornamen verwenden."

 

Das Gesetz trat Ende 2017 in Kraft getreten, allerdings kann die "Vornamen-Neusortierung" erst mit der Softwareumstellung der Bürgerämter am 1. November 2018 erfolgen.

 

Damit erkennt der Gesetzgeber erstmals an, dass die bisherige Handhabung im Umgang mit Rufnamen einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Bürgers darstellt und offensichtlich Handlungsbedarf besteht. Dies wird von RA Prof. Dr. Jens Wuttke seit 2013 gefordert, vgl. seine erste Veröffentlichung zum Thema in der DÖV 6/2013. Dass Bürger auch mit dem neuen Gesetzesentwurf indirekt gezwungen werden, die Reihenfolge ihrer Rufnamen neu zu bestimmen, stellt gewiss seinerseits einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Bürgers da. Viele Betroffene werden es dennoch als eine verhältnismäßig einfache Möglichkeit empfinden, auch künftig ihren Rufnamen wieder vorrangig im öffentlichen wie privaten Rechts- und Geschäftsverkehr benutzen zu können. Verfassungsrechtlich unbedenklicher wäre es gewiss gewesen, zur jahrzehntelang praktizierter Kennzeichnung des Rufnamens in Ausweisdokumenten, so wie bis 2010 üblich, zurückzukehren. Mehr hierzu auch den von Prof. Wuttke veröffentlichten Aufsatz im Heft 7/2019 der Zeitschrift StAZ (mehr hierzu unter der Rubrik Veröffentlichungen)!